Foto oben: Zentrum von Tiraspol, in der Nähe der Markthalle, mit Kwas Tankfahrzeug
Transnistrien, oder Pridnestrowje, wie es in der Landessprache heißt, ist ein international nicht anerkannter Staat. Übersetzt heißt das soviel wie "östliches Land des Dnisters". Der Fluss Dnister bildet die Grenze zwischen Moldawien (weiß) und Transnistrien (rot). Es ist ein schmaler Landstrich zwischen Moldawien und der Ukraine, ca. 200 km in nord-südlicher Ausbreitung, meist ca. 20 km in der Breite.
Während der Perestroika näherte sich Moldawien an Rumänien an. Aufgrund der Vielzahl ethnischer Gruppen, sah die russische Bevölkerung dadurch sich in ihren Rechten beschnitten, und wollten sich weiterhin an die Sowjetunion angegliedert sehen. Nach 1990 wurde die Unabhängigkeit von Transnistrien ausgerufen. In den Jahren danach kam es zwischen russischen und moldawischen Truppen immer wieder zu Kampfhandlungen. In den letzten Jahren, so scheint es, hat man sich arrangiert und es ist wieder friedlich geworden. Dank, nicht zuletzt einer sogenannten Friedensarmee aus Russland, die man außerhalb von Ortschaften oft am Straßenrand hier sehen kann, mit allerlei Gerät, das für eine eventuelle schnelle Straßensperre taugt.
Zahlungsmittel ist der transnistrische Rubel. In herkömmlichen Metallmünzen gibt es sie in 1 Rubel Münzen und 4 verschiedenen Kopeken Münzen. Zudem sind insgesamt 4 Rubel Münzen zu 1, 3, 5 und 10 Rubel im Umlauf, wie auf dem Foto zu sehen. Diese Münzen sind aus Plastik und werden in Russland hergestellt. Sie sind weltweit die ersten Münzen ihrer Art, ausgestattet mit Sicherheitsmerkmalen, wie spezielles Verhalten unter UV-Licht!
Es gibt in der Hauptstadt zwar Geldautomaten, aber man sollte sich nicht darauf verlassen, dass die auch funktionieren - sofern man überhaupt einen findet. Also genügend Bargeld - am besten moldauische Lei oder US Dollars - mitnehmen!
Die Einreise ist nur auf dem Landweg möglich, also auf Straße oder Schiene. Einen Flughafen gibt es in Transnistrien nicht. Ein Visum ist nicht nötig, da es ja offiziell kein selbständiger Staat ist. Eine Kontrolle bei Ein- und Ausreise findet aber sehr wohl statt.
Es gibt nur zwei Möglichkeiten: entweder mit dem Zug, oder mit Kleinbus - Marschrutka genannt. Für die Einreise aus Chişinău, der Hauptstadt von Moldawien, wählte ich den Zug. Es ist notwendig mindestens einen Tag vorher am Bahnhof in Chişinău die Fahrkarte zu kaufen. Der Zug fährt sehr früh los, da hat der Fahrkartenschalter noch nicht geöffnet! Bei meiner Zugfahrt waren bei Weitem nicht alle Plätze besetzt. Viele steigen auch an den kleinen Ortschaften in Moldawien noch aus. Manche fahren bis Tiraspol, oder weiter in die Ukraine. Laut Fahrplan fährt dieser Zug jeden Tag. Der Ort Bender ist der erste Ort in Transnistrien, Tiraspol sucht man vergeblich auf der Tafel.
Es ist eine Fahrt in die Vergangenheit!
Schon beim Anblick der alten Waggons und Lokomotive wird das klar! Der Zug ist bestimmt kurz nach dem Krieg gebaut worden, oder noch während der Zeit schon in Betrieb gewesen. Ich klettere in den Wagen und setze mich auf eine harte Bank. Nach Pfeifen des Bahnangestellten am Bahnsteig, Türen Schlagen, Pfeifen und Zischen des Zuges ruckelt der Zug pünktlich los.
Mit Höchstgeschwindigkeit von 30 - 40 km/h rollt der Zug durch die Landschaft. Ab und zu durchschneidet das Gleis eine Straße, und tatsächlich warten hier Wartburgs und Skodas vor der Schranke.
Viele Haltestellen gibt es nicht auf der Strecke nach Transnistrien.
Rauchen kann man draußen zwischen den Waggons. Da bemerke ich, dass es auch einen Restaurant Waggon gibt. Ich ziehe kurz entschlossen um. Hier ist es auch gemütlicher: schwere Vorhänge wehen im Wind bei herabgelassenen Fensterscheiben. Am Ende des Restaurant Waggons aus Latten und Kanthölzern eine nachträglich eingebaute Theke. Hier gibt es Kaffee und eingeschweißte Hörnchen. Beides bestelle ich und bekomme den Kaffee in einer verschnörkelten Porzellantasse. Wo gibt's noch so etwas???
Bis Tiraspol sind es ca. 100 Kilometer. Nach ca. 2 Stunden Fahrt überqueren wir die imaginäre Grenze, die es offiziell nicht gibt. Am ersten Bahnhof auf transnistrischen Gebiet steigen Männer in Uniform ein. Sie kontrollieren alle Pässe, ohne etwas zu sagen gehen sie zum nächsten Passagier.
Den Bahnhof von Tiraspol erkennt man daran, dass immer mehr Gleise nebeneinander verlaufen. Anscheinend früher ein großer Umschlagplatz und Rangierbahnhof. Der Bahnhof selbst ist nicht viel größer, als die vorher gesehenen auf der Strecke, aber schön restauriert.
Am Schalter im Bahnhofsgebäude müssen die Einreiseformalitäten erledigt werden. Man geht einfach den anderen nach, um den Schalter zu finden. Alles ganz unkompliziert. Vor allem, wenn man am gleichen Tag wieder ausreisen möchte. Man erhält eine Migrationskarte, die vor Ort auf russisch oder englisch ausgefüllt werden muss. Diese wird gestempelt, und muss bei Ausreise den transnistrischen Kontrolleuren vorgezeigt werden. Bei längerem Aufenthalt als 10 Stunden in Transnistrien, muss auch die Buchung des Hotels vorgelegt werden.
Vom Bahnhof ins Zentrum ist man zu Fuß etwa 15 Minuten unterwegs. Auf dem Weg ist die moldawische Brandwein Brennerei und Weinhersteller Kvint, sowie ein Park mit schöner Basilika. Der Cognac der Marke Kvint ist sehr delikat und mild. Wenn man keinen Eintritt mit Führung erhalten sollte, kann man direkt vor dem Bahnhof in einem Kiosk, die Flasche für € 3,50 kaufen.
Das Zentrum bildet wie so oft im östlichen Europa eine überdimensionierte mehrspurige Straße. Nur wenige Busse und Autos sind unterwegs. Ein paar Geschäfte, Supermärkte und Cafés. Das wars!
Die Häuser mit Einschusslöchern lässt man absichtlich in diesem Zustand, um den Besuchern zu zeigen, dass man sich gegen Moldawien behaupten konnte.
Ja, einen Markt gibt es natürlich auch. Im Zentrum wird Obst und Gemüse in einer Halle verkauft, die umbaut ist von Geschäften mit allerlei Dingen.
Alles sehr sauber und gepflegt. Und trotzdem glaubt man, dass man eine Zeitreise zurück ins sowjetische Russland gemacht hat.
Russland ist es auch, das das notwendige Geld ins Land pumpt, um nach Außen hin gut da zu stehen.
Die Bevölkerung will ja auch stolz auf sein Transnistrien sein. Und die Rechnung scheint aufzugehen!
Unweit von Tiraspol, auf der westlichen Seite des Flusses Dnister gelegen, die Festung aus dem 16. Jahrhundert.
Zurück nach Chişinău fahre ich mit einem Marschrutka. Die fahren vor dem Bahnhof los, zu festen Zeiten. Also am besten gleich bei Ankunft am Bahnhof nach den Abfahrtszeiten fragen. Nach Bender erfolgt die Kontrolle der Pässe. Die Migrationskarte wird dort einbehalten. Der Kleinbus fährt zwar schneller als der Zug, macht dafür aber häufiger Halt in den Ortschaften. Zeitlich ist da nichts gewonnen. Hier jedenfalls würde ich das Zugfahren stets vorziehen.
Eine Kontrolle von moldawischer Seite aus entfällt, da man ja nach moldawischer Sichtweise Moldawien nicht verlassen hat!
Von der Ukraine aus nach Tiraspol zu reisen, gibt es die zwei gleichen Möglichkeiten, wie aus Moldawien: Zug oder Bus. Wir wählten diesmal den Reisebus, der vom Zentrum aus von Odessa ebenfalls sehr früh losfährt. Die Fahrt kann man schon im Voraus von zuhause online buchen. Dies ist für mich wichtig gewesen, da wir nur 8 Tage Zeit hatten, für die Ecke der Welt.
Den Busbahnhof von Odessa erreicht man bequem mit dem Taxi. Aber so ein Chaos wie hier habe ich selten erlebt. Der Busbahnhof ist alles andere, als es die online Fahrkarte (die alle Daten übersichtlich enthält) erwarten ließ. Es kommen und fahren Busse, und benutzen irgendeine Haltestelle. In den 20 Minuten vor der Abfahrt meines Busses hielten 3 Busse auf "unserer" Haltestelle, die Passagiere aufnahmen und wieder wegfuhren. Langsam wurde ich nervös - und das heißt schon was! Ich fragte die Leute, doch jeder wollte mich in eine andere Richtung schicken. Inzwischen hatte auch schon ein Schalter sein Fenster geöffnet, aber im Nu standen 10, 12 Leute davor, die wohl auch nicht wussten, wo sie ihren Bus finden sollen. Ich war an der Reihe. Ich fragte, wo mein Bus abfährt. Die Frau hinter der Scheibe nahm meine Fahrkarte und sagte, na dort, was auf dem Billett steht! Na Klasse, lesen kann ich auch. Aber da steht schon wieder ein anderer Bus. Und einen Bus mit Aufschrift Tiraspol oder Chişinău war nicht zu sehen.
An einer ganz anderen Stelle schrie plötzlich jemand "Tiraspol, Tiraspol..." Sofort liefen wir rüber, und ich hielt dem guten Mann die ausgedruckten Fahrscheine von zuhause unter die Nase. Es folgte ein kurzes Zucken seines Kopfes auf die Seite, das ich als "du kannst hier einsteigen" deutete. Echt froh, "unseren" Bus endlich gefunden zu haben, kauften wir uns noch einen Kaffee im Plastikbecher und etwas Gebäck. Dann ging es los. Von hier bis Tiraspol sind es auch ca. 100 Kilometer. Die meiste Zeit benötigte jedoch der Bus, um aus Odessa heraus zu kommen. Nach etwas über eine Stunde Fahrt, dann die Grenze: Ausreise aus der Ukraine. Die Pässe aller Passagiere werden eingesammelt und nach 1/4 Stunde wieder im Bus mit dem Ausreisestempel der Ukraine verteilt. Nach vielleicht 50 Meter Fahrt, dann die Einreise nach Moldawien. Die selbe Prozedur: Einsammeln der Pässe und nach 1/2 Stunde wieder die Verteilung mit dem Einreisestempel von Moldawien. Dann fährt der Bus noch eine kurze Strecke und wieder Kontrolle: Einreise nach Transnistrien. Auch hier erfolgt eine Kontrolle, aber ohne Stempel in den Pass. Dann endlich wird die Fahrt fortgesetzt. Nach einer weiteren halben Stunde erreichen wir Tiraspol.
Tiraspol, die Hauptstadt von Transnistrien hat ca. 140.000 Einwohner. Nur sehr wenig Verkehr. Es sieht aus, wie in den osteuropäischen Ländern vor der Wende. Aber alles renoviert, und sauber.
Beim zweiten Besuch hier sahen wir uns die Stör Farm an. So etwas habe ich auch noch nie gesehen. Dass die gesamte Anlage so riesig ist, hätten wir nicht gedacht!
Ein weiteres Prestige Objekt - finanziert von Russland - ist die in riesigen Hallen untergebrachte Stör Farm.
Eine Anmeldung 2 Tage im Voraus ist für einen Besuch notwendig.
Am Eingang bekommt man Gummistiefel und einen weißen Plastikmantel.
Die Frau, die uns alles zeigt, spricht Englisch.
Wir werden durch alle Hallen geführt, und bekommen die Aufzucht erklärt.
So können wir mit ansehen, wie ein Stör nach dem anderen von den Männern aus dem einen Becken heraus gefischt werden. Hier auf dem Netz werden sie dann der Reihe nach abgelegt, und von einem Angestellten aus dem Labor angestochen. Das heißt, dass mit einem spitzigen Werkzeug in den Bauch der Störe eingestochen wird. Da das spitzige Teil hohl ist, bleiben immer ein paar Eier darin hängen. Die werden dann unter dem Mikroskop untersucht und vermessen. Die Eier müssen eine bestimmte Größe haben, dann kommt der Fisch entweder zurück ins Becken, aus dem er heraus genommen wurde, oder in ein anderes.
In den Hallen herrschen unterschiedliche Temperaturen. Die Becken haben einen Durchmesser von rund 15 Metern, in denen das Wasser zirkuliert, so dass die Fische ständig im Kreis schwimmen. Wenn man bedenkt, dass ein Stör durchaus 50 Jahre und älter werden kann, ein sehr eintöniges Leben in solchen sterilen Becken.
Dann werden wir ans Ende der Halle geführt. Hier gibt es in größeren Abständen Türen zu Hallen, in denen durch Temperaturabsenkung der Winter für die Fische erzeugt wird. Drinnen ist es eiskalt, auch das Wasser nahe dem Gefrierpunkt. Die Störe bewegen sich so gut wie gar nicht.
Da mir Kaviar eh nicht schmeckt, und die günstigste Verkostung € 35,00 kostet, nehmen wir davon Abstand. Angeblich werden hier 500 t Fisch jährlich produziert. Bestimmte Sorten werden aber nur zur Kaviargewinnung gehalten.
Wir haben noch etwas Zeit und statten einen Besuch in der Markthalle ab. Viele Kunden laufen hier nicht herum. Wahrscheinlich bieten auch deshalb nur wenige Marktstände ihre Waren an.
Hier trinken wir Kwas, das Nationalgetränk aus Russland, bzw. Osteuropa. Ein erfrischendes Getränk das aus Gärung durch Brot hergestellt wird. Schmeckt wie eine Limonade, nur etwas malzig.
Dann machen wir uns wieder auf den Weg zum Bahnhof.
Leider war der Marschrutka bis auf den letzten Platz schon gefüllt. Der nächste fährt in 1 1/2 Stunden. Ach ja, da gibt es doch den guten Cognac im Kiosk. Mit den letzten transnistrischen Rubel noch 3 Flaschen gekauft. Über die Bahngleise hier führt eine Fußgängerbrücke hinüber zum anderen Stadtteil. Kein Zug, nur leere Gleise.
Die Rückfahrt nach Odessa dauerte auch wieder fast 2 Stunden. Die transnistrischen Kontrolleure ließen sich die Pässe zeigen und behielten die Migrationskarten. Dann Ausreise von Moldawien und Einreise in die Ukraine. Ein Visum wird für keines der 3 Länder benötigt.
Muva (Donnerstag, 20 Dezember 2018 17:04)
Hi Wongi
Das ist mal ein Land wo es einfacher zu geht, aber geschichtlich kann man auch viel
erfahren,was ja auch sehr interessant ist.Da hast du mit Salome wieder allerhand erlebt.
Deine Reisen sind ja immer aufregend und Erlebnisreich.
alles Gute MUVA
Elisabeth (Mittwoch, 12 Dezember 2018 16:38)
Dear Wolfgang, I'm very surprised to read about your Story from your VACATION into the Ukraine. Truthful, some for me pretty complicated to understand, must have been very lehrreich for you & Salome, & to learn so much about these 3 different Places, their History & Lifes. Amazingly, how U've managed again, to get through all these difficult Situations. Some were not that easy to handle! But somehow, u're blessed with u'r naturaly Personality, alĺways make it & getting along, taking care u'r own ways, it shows, what People are able to do, when they are intelligent, love the Nature of this World & are interesting of different Lifes & Cultures. All I can say dear Wolfgang, my Compliment & I admire you. Thanks again for an other true Story; U'r true friend Elisabeth